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Dezemberblues

von Kay Synwoldt

Der schlimmste Monat im Jahr? Für mich ist das eindeutig der Dezember. Ein richtiger Depri-Monat ist das. Nicht unbedingt angeltechnisch betrachtet. Im Dezember stehen unsere Erfolgsaussichten gar nicht so schlecht. Mehr noch: Am passenden Gewässer ist jetzt manchmal noch ein Dicker dabei.
Dennoch: Wirklich Spaß macht das Angeln jetzt nicht. Die ewige Dunkelheit, der ewige Regen und die Feuchtigkeit machen mir besonders zu schaffen. Immer alles nass. Aufbauen, abbauen, angeln, fotografieren – oft genug alles im Regen. Ich brauche das Sonnenlicht. Und das nicht nur, damit mein Brolly wenigstens zwischendurch einmal trocken wird.

Ob ich im laufenden Jahr noch einen Fisch fangen werde? Das steht in den Sternen.“

Kein Monat ist so trüb wie der Dezember. Hier am Niederrhein bleiben die echten Sonnenstunden oft einstellig. Im ganzen Monat zusammengezählt wohlgemerkt. Das knabbert an meiner Moral – Chancen auf Dickfisch hin oder her. Mit fällt es nun besonders schwer, mich aufzuraffen und angeln zu gehen.
Denn die Aussichten werden nicht besser. Im Gegenteil: Die Sonnenwende am 21. Dezember scheint noch eine Ewigkeit weit entfernt. Bis dahin werden die Tage nur noch kürzer, an manchen Tagen wird es nicht einmal mehr richtig hell. Das hat für mich immer etwas von Untergangsstimmung. Ob ich im laufenden Jahr noch einen Fisch fangen werde? Das steht in den Sternen.

Hauptsache draußen!

Wenngleich die Chancen im sich daran anschließenden Januar und Februar bestimmt schlechter stehen, motiviert mich das ganz anders, wenn ich auf der Jagd nach dem ersten Fisch eines neuen Jahres bin. Das ist für mich mit Zuversicht verbunden, nicht mit Niedergang.

Bei uns Karpfenanglern ist das der erwähnte Dickfisch. Der muss noch raus. Unbedingt.

Jetzt steht uns das Schlimmste erst noch bevor. Richtig kalt war es ja noch gar nicht und der Corona-Winter kann noch lang werden.
Jetzt im Dezember sind meine Akkus leer, jetzt bin ich am Boden. Zudem steckt mir die zermürbende Angelsaison an meinem großen Kiesloch in den Knochen. Das Desaster gilt es erst einmal zu verdauen.

Möglichst attraktiv sollte das Köderangebot sein

Auch sonst gibt es wenig Anlass für Aufmunterung. Egal ob auf der Straße, im Job oder zuhause – überall herrscht schlechte Stimmung. Das ist ansteckender als Covid-19. Alle haben jetzt schon das laufende Jahr abgehakt, fiebern bestenfalls dem Neuanfang, der Aufbruchstimmung im neuen Jahr entgegen. Entscheidungen treffen, Neues anfangen? Da zieht kaum jemand mit. Nicht mehr in diesem Jahr, nicht in Zeiten derart großer Unsicherheit.

Silence is golden…

Die Mitmenschen sind gereizt, jeder scheint besonders gestresst. Denn zur Lethargie kommt eine Art Torschlusspanik. Unmengen alter Baustellen wollen noch bis Jahresende abgeschlossen werden. Bei uns Karpfenanglern ist das der erwähnte Dickfisch. Der muss noch raus. Unbedingt. Sonst sind wir nicht zufrieden. Wieder neuer Stress. Schließlich bleibt uns nicht mehr viel Zeit. Jede Session kann die letzte sein.
Und dann kommt noch Weihnachten. Furchtbar. Da scheint unser ganzes Land regelrecht still zu stehen. Und das nicht nur durch den aktuellen Lockdown und die damit verbundenen Einschränkungen.

Den Kopf in den Sand stecken, die Brocken hinwerfen? Den Gefallen tue ich meinen Hatern nicht.“

Alle haben nur noch Tritratrullala im Kopf. Nichts geht mehr, niemand kann einen klaren Gedanken fassen. Außer bei der immer gleichen Frage: Weiße Weihnacht oder keine weiße Weihnacht? Was für ein Schwachsinn! Als gäbe es nichts Wichtigeres. Ist das nicht egal? Denn ob Schnee fällt oder nicht, haben wir nicht in der Hand.
Und wenn doch, gäbe es bei mir selbstverständlich keine weiße Weihnacht. Lieber SW-Wind und 10 Grad mild.

Abwarten und Tee trinken

Den Kopf in den Sand stecken, die Brocken hinwerfen? Den Gefallen tue ich meinen Hatern nicht. Augen zu und durch, heißt es stattdessen. Auch beim Angeln werde ich wohl wieder durchmachen. So wie die Jahre zuvor. Allerdings ohne Druck, ohne Jagd nach dem einen Dickfisch. Mir reicht es schon, wenn ich am Wasser halbwegs meine Ruhe habe. Dann ist der Dezemberblues schnell vergessen.

Ob ich in diesem Jahr noch einen Fisch fange, bleibt ungewiss