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Street-Fishing

von Kay Synwoldt

Unser Hobby unterliegt einem ständigen Wandel. So scheint es. Ständig neue Trends, neue Modeerscheinungen. Den Begriff Modeerscheinung darf man dabei wörtlich nehmen. Denn mitunter geht es darum, was Mann (oder Frau) beim Angeln so trägt. Was gerade angesagt ist, das trendige Käppi oder der Windstopper vom Lifestyle-Label, wird von ein paar wenigen Anglern mittels Bilder und Videos im Internet angestoßen.
Camou ist plötzlich out. Sagen die Hipster. Jetzt trägt man beim Angeln schrille Töne. Das T-Shirts in grell-gelb, die Mütze in rot-gelb-grün. Das ist hip.

Auch spezielle Angelmethoden sind besonders angesagt. Wie das zu den schrillen Tönen der Kleidung passende, so genannte Street-Fishing. Abgeleitet vom Raubfisch-Angeln geht es bei diesem Trend um flexibles Angeln mit leichtem Gepäck in urbanem Ambiente.
Metropolen wie Berlin oder Wien bieten reichlich Gewässer, in denen neben Barschen, Zandern und Hechten auch dicke Karpfen schwimmen. In Berlin sind es die Spree, der Teltow-Kanal und die unzähligen kleinen innerstädtischen Seen, in unserem Nachbarland Österreich sind es Gewässer wie die Alte Donau, die als passende für das Street-Fishing herhalten.

Aber es ist keine grundsätzlich neue Erkenntnis, dass man in der City Karpfen fangen kann. Warum wird das plötzlich als das wahre Karpfenangeln gefeiert? Wer so wie ich schon ein paar Lenze auf dem Buckel hat, kann da nur mit dem Kopf schütteln. Denn ich weiß: Mode und Trends wiederholen sich, sie kommen immer wieder. Quasi wie die Infektionswellen in der Corona-Pandemie – nur mit mehr Zeitabstand.

So habe ich schon Ende der Achtziger ein paar Jahre mitten in der niederländischen Metropole Amsterdam geangelt, in direkter Nachbarschaft zu Drogensumpf und Straßenstrich. Das hatte tatsächlich seinen ganz eigenen Flair. Mitunter war es ziemlich heikel.
Und Sie können es mir glauben: urbaner geht’s nicht!
Damals wie heute wäre mir nie in den Sinn gekommen, meine Angelei als neuen Trend oder „Street-Fishing“ zu verkaufen. Es war und ist (!) Karpfenangeln. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Warum müssen wir unser Hobby ständig neu erfinden?
Wäre es sonst zu langweilig?
Was mich betrifft, finde ich es immer noch spannend genug.
Auch ohne Street-Fishing.