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Teamangler gesucht!

von Sebastian Schmidt

Kürzlich stolperte ich bei Facebook über eine Anzeige eines gar nicht so unbekannten Endtackle-Herstellers. „Teamangler gesucht!“ lautete die Überschrift. Nun ist es nicht so, dass ich einen neuen Sponsor suche, ich bin durchaus zufrieden da wo ich bin. Mich interessierte aber schon, was man heute so auf dem Kasten haben muss, um Teamangler zu werden. Schließlich will auch ich auf dem Laufenden bleiben.
Bis vor einigen Jahren musste man als designierter Teamer zunächst angeln können. Und zwar besser als die breite Masse. Logisch, Tackle und Köder verkaufte man am besten mit Kompetenz und Sachverstand. Die Aufgabe von Teamanglern bestand im Wesentlichen darin, Artikel für die vorhandenen Fachmagazine zu verfassen. Aber wie sollte man Artikel mit Mehrwert für den Leser schreiben, darin auch noch unauffällig die Produkte des Sponsors platzieren, wenn man von der Materie keine Ahnung hatte? Wer in der Lage war, informative und unterhaltsame Texte zu verfassen, musste darüber hinaus noch halbwegs fotografieren können. Schließlich wollen die Texte im Print auch anständig präsentiert werden.

Wer mir etwas fürs Angeln verkaufen will, sollte über entsprechende Praxiserfahrung verfügen

Okay, die Messlatte in Sachen Fotoqualität lag damals wohl nicht ganz so hoch wie heute, aber in der Ära der analogen Fotografie, ohne Displays auf den Kameras und ohne mehrere digitale Endgeräte in der Angeltasche, war das auch irgendwie nachvollziehbar.

Offenbar spielt es heute keine Rolle, ob der- oder diejenige etwas von Rigmechanik versteht oder zumindest einen Boilie halbwegs gerade aufs Haar ziehen kann.“

Jedenfalls las ich mir die Stellenanzeige durch. Ich las hoch und runter, kreuz und quer. Gute Fotos sollten die Bewerber machen können, hohes Niveau beim Filmen war erwünscht, sowie der Umgang mit Bildbearbeitungsprogrammen – nur angeln mussten sie nicht können. Davon stand da nichts. Offenbar spielt es heute keine Rolle, ob der- oder diejenige etwas von Rigmechanik, den Einsatzbereichen verschiedener Hakentypen und Vorfachmaterialien versteht oder zumindest einen Boilie halbwegs gerade aufs Haar ziehen kann. Ich war ein wenig irritiert. Wenigstens der Satz: „Du verfügst über Erfahrung beim Karpfenangeln“ oder „Das Binden von Rigs ist Deine Leidenschaft“ oder irgendetwas in der Art hätte ich erwartet. Aber nichts von alledem.

Gestandene, erfahrene Angler braucht es nämlich für Werbereichweite in sozialen Medien nicht.“

Man kann zu sozialen Medien stehen wie man will. Ich selbst bin Kind der „Print-Ära“, bin mit Fachmagazinen wie Fisch&Fang und Blinker, mit Autoren wie Andy Little und Jim Gibbinson, groß geworden. Und auch heute noch ziehe ich jedes gute Printmagazin allen anderen Medien vor. Trotzdem muss man den Vormarsch der sozialen Medien anerkennen und auch, dass sie andere Medien als Ort der Werbung teilweise abgelöst haben. Auch ich bin bei Facebook und Instagram und schaue mir gern gute Fotos und coole Filmchen an. Denn davon leben soziale Medien nun einmal. Freilich kommen dort Inhalt und Mehrwert ziemlich kurz – wer scrollt schon gern oder hat mehr als fünf Minuten Zeit für so ein Filmchen. Damit muss ich leben und damit kann ich auch leben.

Bei manch einem der so genannten Teamangler habe ich Zweifel, ob er einen Boilie gerade aufs Haar ziehen kann

Aber trotzdem: Sollte ein Teamangler nicht ein wenig vom Fach verstehen und über entsprechende Erfahrungswerte verfügen? Bin ich weltfremd oder altmodisch, wenn ich erwarte, dass jemand, der in der Öffentlichkeit für Produkte einsteht, diese auch einzusetzen weiß? Offensichtlich. Gestandene, erfahrene Angler braucht es nämlich für Werbereichweite in sozialen Medien nicht. Dicke Fische (oder zumindest welche, die danach aussehen) und das passende Poser-Outfit mit Sponsoren-Käppi reichen.

Teamangler müssen in der heutigen Zeit nicht unbedingt kompetent sein, sie sollen nur auffallen, egal wie.“

Vielleicht ist es eine normale Entwicklung. Die so genannte Szene wird immer oberflächlicher und viele Firmen stellen sich darauf ein. Sie passen sich schlicht den Realitäten an. Viele wollen keine tiefgreifenden Erklärungen. Die meisten Karpfenangler wissen eh schon alles und das vor allem besser. Diese Leute wollen unterhalten werden. Sie wollen keine Wissenssendung, sie wollen das Dschungelcamp, sie wollen keinen Prof. Dr. Lesch, sie wollen den Wendler.
Teamangler müssen in der heutigen Zeit nicht unbedingt kompetent sein, sie sollen nur auffallen, egal wie. Hauptsache eine durchgeknallte Frisur, eine coole Mütze oder sonst was. Letztlich muss ich mich wohl damit abfinden, dass mir in Zukunft die Wendlers dieser Welt das Karpfenangeln erklären wollen.
Tja, that´s life.